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In El Paso, Elsewhere von dem Indie-Entwicklungsstudio Strange Scaffold übernimmt man die Rolle von James Savage, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, seine Ex um die Ecke zu bringen. Klingt fies, aber seine Ex ist Vampirfürstin Draculae, die das Ende der Welt herbeiführen will. James begibt sich auf seiner Jagd in eine surreale Umgebung, die aus Fragmenten seiner Erinnerung zusammengesetzt ist. Ein Protagonist namens James S., die Sache mit der Ex, Umgebung aus Erinnungsfragmenten? Dabei könnte man unweigerlich an Silent Hill 2 denken. Doch in Sachen Gameplay hat man es hier mit einem ganz anderen Vorbild zu tun: Max Payne.Denn wie beim großen Vorbild steuert man James in einer ähnlichen Third-Person-Perspektive, aktiviert auf Knopfdruck die Zeitlupe (Bullet Time) und kann während dieser Hechtsprünge ausführen und auf Gegner ballern. Als Heilmittel nimmt man Schmerztabletten, die Erzählweise der Story erinnert ebenfalls an den ersten Teil von Max Payne, genau wie die klobige, an die späten 90er erinnernde Grafik im Playstation-1-Look.Zur Wehr setzt sich James mit Schusswaffen, im Nahkampf stehen im Holzpflöcke zur Verfügung, die jeden normalen Gegner mit einem Treffer um die Ecke bringen. Man bewegt sich von einem Level zum nächsten, wobei jeder Abschnitt immer nur wenige Minuten lang ist. Entweder muss man einfach den Ausgang erreichen, oder man rettet eine vorgegebene Anzahl an unschuldigen Menschen, die von der Unterwelt gefangengehalten werden. Sie um die Ecke bringen geht auch, ist aber natürlich nicht so nett. Sind alle gerettet, muss man zurück zum Eingang, wobei sich das Level nun optisch geändert hat und neue Gegner auf einen lauern.Insgesamt ist man mit dem Spiel so ungefähr zwischen sieben und zehn Stunden beschäftigt. Der Schwierigkeitsgrad ist ganz individuell einstellbar. So kann man zum Beispiel wählen, wie viele Schmerzmittel man tragen kann, wie hoch die Schadenswerte sind und so weiter und so fort. Kurios fand ich, dass die Waffen bei Standardeinstellung nicht automatisch nachgeladen werden, wenn sie leergeschossen sind - das muss man immer per Knopfdruck machen. Es lässt sich aber umstellen.An sich macht El Paso, Elsewhere schon Laune. Es überzeugt mit einem charmanten Retro-Look, einem tollen Soundtrack, seiner Story und der Atmosphäre, die irgendwo zwischen melancholisch, mystisch, cool und völlig gaga pendelt. Allerdings habe ich auch etliche Kritikpunkte vorzubringen. So kann man zum Beispiel in der Umgebung hängenbleiben (was mir aber nur einmal passiert ist). Bei den Waffen bekommt man nur das Standard-Repertoire, die Anzahl der unterschiedlichen Gegner ist sehr überschaubar (der Puppenspieler ist übrigens eindeutig eine Kopie von Micolash aus Bloodborne). Auf Dauer werden die Levels ziemlich eintönig, da sie nicht nur immer fast gleich ablaufen, sondern auch, weil sie sich fast immer nur auf einer Ebene abspielen - Vertikalität gibt's bis auf wenige Ausnahmefälle nicht.Kommt ein Gegner James nahe - und das tun die meisten, denn fast alle Feinde sind Nahkämpfer -, ist es fast unmöglich, ihn mit einer Schusswaffe zu treffen. Was völlig unlogisch ist, denn gerade so sollte die Trefferchance doch am höchsten sein. Zudem sind einige Gegner unfair platziert, andere hingegen werden gar nicht erst getriggert. Und eine Sache zur "Max-Payne-Mechanik": Die war vor allem deswegen cool, weil man in der Bullet Time sozusagen gegnerischen Kugeln ausweichen konnte. Bei El Paso, Elsewhere hingegen sind die meisten Feinde aber, wie schon erwähnt, Nahkämpfer. Und die wenigen Fernkämpfer, die es gibt, benutzen keine Waffen mit schnellen Prokektilen. Dadurch verliert die Bullet Time gewissermaßen ihren Sinn, man braucht sie tatsächlich nur selten.Unterm Strich ist El Paso, Elsewhere ein durchaus nettes Indie-Spiel, das jedoch leider etliche Macken hat. Für eine uneingeschränkte Empfehlung meinerseits reicht's nicht. Ach ja: Man sollte man zumindest ausreichende Englischkenntnisse mitbringen, denn es gibt keine deutsche Übersetzung des Spiels.